Sicher kennen Sie das: “Wegen krankheitsbedingtem Personalausfall kurzfristig geschlossen. Wir bitten dies zu entschuldigen”. So oder so ähnlich liest man derzeit häufig, ob bei Unternehmen des öffentlichen Nahverkehrs oder in Geschäften.
Das ist nicht nur ärgerlich für die Kundinnen und Kunden, die sich dann möglicherweise nach anderen Dienstleistungsunternehmen umschauen. Sondern kurzfristiger Personalausfall verursacht auch Stress für die Kolleginnen und Kollegen, die den Ausfall dann kurzfristig kompensieren müssen. Vor allem wenn der Ausfall so kurzfristig ist, dass der Führungskraft nicht viel anderes übrig bleibt, als eine Kollegin oder einen Kollegen anzurufen, die eigentlich frei hätte, ist das für beide Seiten keine gute Situation.
Außerdem kann dieser Stress langfristig auch bei den dann einspringenden Kolleg:innen für krankheitsbedingte Ausfälle sorgen, mindestens wenn er sehr lange anhält. Ein unschöner Domino-Effekt…
Daher möchte ich Ihnen in diesem Beitrag
Inhalt
3 kritische Prozesse vorstellen
an die man beim Stichwort “psychische Belastung” nicht direkt denkt, die aber einen großen Einfluss darauf haben. Und natürlich möchte ich Ihnen auch ein paar Lösungsmöglichkeiten dazu vorstellen, wie sich diese Situationen verbessen lassen.
Wissen, was man zu tun hat (und was nicht)
Dieser Punkt ist insbesondere relevant in Organisationen, die schnell wachsen oder sich oft verändern. Denn wenn man sich mit wenigen Kolleg:innen immer noch mal absprechen kann, wer was macht, wird es in größeren Organisationen schnell unübersichtlich.
Besonders frustrierend ist es, wenn man sich an einem Prozess abrackert und dann herausfindet, das ein Kollege oder eine die gleiche Arbeit auch erledigt hat. Das demotiviert selbst die engagiertesten Mitarbeitenden, vor allem dann, wenn man sich vielleicht auch noch ziemlich gequält hat, weil einem die Tätigkeit nicht so recht liegt. Oder weil andere wichtige Dinge währenddessen liegen bleiben mussten.
Mindestens genauso frustrierend ist: Etwas, von dem man dachte, dass es ein:e Prozess-partner:in macht, wurde nun von gar keinem erledigt und deswegen kommt der ganze Prozess zum Stocken. Mit dem Resultat, dass man wieder in einer Hau-Ruck-Aktion die Kuh vom Eis holen muss… Stress pur, der vor allem eines ist: Vermeidbar.
Lösungsansatz: Stellenbeschreibungen
Klare (und aktuelle) Stellenbeschreibungen schaffen Klarheit über die zu erledigenden Tätigkeiten und auch die geforderten Qualifikationen. Wenn Sie noch keine Stellenbeschreibungen haben, lohnt es sich, die gegenwärtigen Mitarbeitenden daran mitwirken zu lassen.
Bei Prozessen, an denen mehrere Abteilungen oder Organisationseinheiten beteiligt sind, sollten die jeweiligen Schnittstellen besonders gründlich geklärt werden. Damit jeder weiss, was im Normalfall zu erledigen ist und was eben nicht – um eben genau solche vermeidbare Doppelarbeit zu vermeiden. Dass es Sonderfälle gibt bzw. geben kann, die eine Ausnahme erfordern, ist eh klar.
Vorteil:
Besonders bei Menschen, bei denen man das Arbeitsergebnis eher nicht so gut “sieht” (z.B. bei Verwaltungstätigkeiten), trägt es zur Motivation von Mitarbeitenden bei, mal schwarz auf weiß zu sehen, was man so den lieben langen Tag tut.
Positiver Nebeneffekt: Auch bei einer Neuausschreibung haben Sie dann die zu erledigenden Tätigkeiten schnell parat, und Bewerbende – ob interne oder externe – können sich schon von Anfang an darauf einstellen, welche Aufgaben mit einer Stelle verbunden sind und ob ihnen diese liegen.
Wissen, wann man zu arbeiten hat (und wann nicht)
Es ist 20 Uhr abends und eigentlich hat man schon längst Feierabend. Leider hatte Martin vorhin beim Verlassen des Büros vergessen, das Diensthandy aus- oder auf lautlos zu stellen. Nun klingelt es, die Anzeige weist auf neue Emails hin. Auch noch vom Chef. Was tun? Drangehen bzw. lesen? Oder doch lieber liegen lassen? Es könnte ja wichtig sein… und sich morgen rechtfertigen müssen, warum er nicht hingegangen ist, möchte Martin natürlich vermeiden. Beide Situationen (das Drangehen wie auch das Nicht-Drangehen) sind unangenehm für Mitarbeitende, und psychisch belastend ist es noch dazu, wenn nicht klar ist, was von einem erwartet wird bzw. ganz allgemein, welche Erwartungshaltung besteht.
Lösungsansatz: Klare Kommunikationsregeln
Damit ist gemeint, klar zu regeln, dass (im Idealfall) Feierabend Feierabend ist. Oder klar zu kommunizieren, dass nur weil eine Führungskraft gerne zu später Stunde oder am Wochenende Mails schreibt, dies von den Mitarbeitenden nicht ebenfalls erwartet wird und dass es in Ordnung ist, nach Feierabend nicht erreichbar zu sein. Gleiches gilt für den Urlaub.
Wer technische Lösungen bevorzugt, kann das natürlich auch technisch regeln, dass der Mailserver ab einer bestimmten Uhrzeit keine Post mehr zustellt.
Erfahrungsgemäß sind Menschen von Haus aus bemüht ihr Bestes zu geben, so dass es in Einzelfällen und wenn es vorher explizit besprochen wird, Ausnahmen von dieser Regelung geben kann und geben darf. Zum Beispiel wenn es ausnahmsweise tatsächlich doch mal erforderlich sein sollte, dass einzelne Kolleg:innen erreichbar sein müssen, um größere “Katastrophen” zu verhindern.
Aber natürlich sollten die Ausnahmen auch Ausnahmen bleiben und nicht immer die gleichen Personen treffen (und genauso natürlich sollten dabei die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes eingehalten werden).
Vorteil:
Erholungszeiten sind wichtig – und permanete Erreichbarkeit ist eine Belastung für alle. Im Feierabend und Urlaub guten Gewissens abschalten (geistig wie im technischen Sinne) und sich erholen zu können trägt dazu bei, während der Dienstzeiten erholter und leistungsfähiger zu sein.
Wissen, dass ohne einen der Laden nicht zusammenbricht
Kürzlich habe ich mit einem bekannten Unternehmer gesprochen, der gerade, was zuvor noch nie passiert ist, eine Steuerschätzung bekommen hat. Nachdem die (aus Sicht des Finanzamtes) ja oftmals eher größzügig sind, hat er jetzt außerdem noch ein Liquiditätsproblem. Das Finanzamt nicht zu bedienen – keine gute Idee… Da kann dann schnell mal eine Insolvenz eingeleitet werden, obwohl “eigentlich” alles im grünen Bereich ist.
Was war passiert, wollte ich wissen? Tja, die Ursache war banal. Seine Mitarbeiterin, die für die Umsatzsteuer- und Lohnsteuer-Voranmeldungen und für deren Überweisungen zuständig war, war zum ersten Mal nach zehnjähriger Betriebszugehörigkeit länger erkrankt. Eine Vertretung hatte man bisher nie gebraucht, daher hat niemand daran gedacht, sich um die Sache zu kümmern.
Lösungsansatz: Vertreterregelung
So banal es klingt: Sorgen Sie dafür, dass Sie für kritische Prozesse – egal ob kundenrelevant, IT-relevant oder im Personalbereich – immer mehr als eine Person haben, die weiss wie es geht (und logischerweise nie alle auf einmal im Urlaub sind).
Vorteil:
Liegt auf der Hand. Nicht nur kann das im Einzelfall existenzsichernd sein – es entlastet auch die Mitarbeitenden ungemein, wenn sie wissen, dass der Laden auch ohne sie weiterläuft, wenn sie mal nicht da sind. Und das gilt übrigens auch für die Geschäftsführung selbst. Haben Sie selbst eigentlich auch jemanden, der Sie – zumindest teilweise – vertreten kann?
Fazit:
Nicht immer weisen die “Symptome”, also die äußerlich erkennbaren Anzeichen, von problematischen Prozessen auf psychische Belastungen hin. Und doch kommen sie oft im Doppelpack mit diesen.
Bei Vertragsstrafen oder Verspätungszuschlägen können als Folge oder als Ursache eben durchaus auch psychische Belastungen eine Rolle spielen.
Der Vorteil ist: Wenn Sie das eine beheben, verbessern Sie das andere gleich mit.
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